Filmpremiere: Notlandung

Als wir am 23. Oktober nach Egolzwil fuhren wussten wir noch nicht, was uns erwartete und mindestens ich selber war eher skeptisch – irgendwie lag es ja in den letzten Jahren fast etwas im Trend dass alles, was sich mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte zum Schluss kam, dass die Schweiz mindestens mitschuldig an diesem Krieg war und fast ausschliesslich für das Deutsche Reich gearbeitet hatte. Ob das von den Autoren tatsächlich so gewünscht war, weiss ich nicht – aber ich hatte oft den Eindruck, dass sie die Quellen sehr selektiv nutzten um genau dieses Bild darzustellen. Ein solches Vorgehen ist einer sachlichen Aufarbeitung dieser Zeit nicht wirklich dienlich. Ich war also nicht nur skeptisch sondern tatsächlich sehr gespannt.
Es reichte uns leider nicht, bereits zur Enthüllung des Gedenksteins am Ort des damaligen Interniertenstraflagers Wauwilermoos zu sein und so fuhren wir direkt ins Gemeindezentrum, wo die begleitende Ausstellung bereits geöffnet hatte. Wir waren bei den Ersten die eintrafen und fanden mit Rolf Zaugg (B-17 Museum) und Daniel Egger (Fremde Flugzeuge in der Ostschweiz) gleich zwei uns bekannte Gesichter.

Das Gemeindezentrum war liebevoll für die Filmpremiere und die Ausstellung vorbereitet. Natürlich konnte man nicht die bedrückende Atmosphäre des Straflagers rekonstruieren – aber in Ansätzen hat man es doch mit viel Enthusiasmus versucht und es war augenscheinlich, dass man sich mit dem Thema offen auseinandersetzte.
Vor dem Film, welcher in der pumpenvollen Halle des Gemeindezentrums gezeigt wurde, stellte man dem Publikum natürlich den Regisseur, Daniel Wyss aus Lausanne, und einen Teil seines Teams vor. Die Ausführungen von Alois Hodel zum Projekt und der Geschichte waren sehr interessant und das Spiel der Artilleriemusik passte bestens zum Anlass… aber dann wollten wir endlich den Film sehen!

Ich habe keine Ahnung, was die Zuschauer von diesem Film erwartet hatten. Sicher hatte der eine oder die andere auch etwas die Befürchtung, dass Sachen aufgezeigt wurden, die man lieber in der Vergessenheit versunken gesehen hätte. Auf jeden Fall war die Spannung schnell gelöst, denn mittels Ausschnitten aus alten Wochenschauen, die die internierten Offiziere in den Hotels von Adelboden zeigten, kamen auch ein damals junges Mädchen zu Wort, das erklärte, dass die Amerikaner nicht unbedingt langweilig waren. Die interviewten Mitglieder der internierten Flugzeugbesatzungen erinnerten sich auch positiv an die Zeit in Adelboden und als man anhand von Akten zeigen konnte, dass die Schweizer am Ende des Krieges den Amerikanern jede Hotelübernachtung in Rechnung gestellt hatten kamen nicht wenige Lacher auf…
Dann erzählten die Veteranen von ihren Fluchtversuchen… und dem Scheitern. Verhaftung und Verurteilung (ohne, dass sie ein Wort vom Urteilsspruch verstanden). Im Saal war es nun mucksmäuschenstill und die heitere Stimmung schwenkte um: „I got the shock of my lifetime“, sagte einer der über 90-jährigen Veteranen. Es gab wohl niemanden, der von diesem Film nicht zutiefst emotional berührt wurde. Ich will hier den Film nicht erzählen – schaut ihn euch einfach selber an.

Der Film erzählte nicht die Geschichte des Straflagers sondern nur eine Geschichte daraus; eine Facette. Aber das machte er auf eine sehr eindrückliche und vor allem ausgewogene Art. Wie Hilmar Gernet im Podiumsgespräch danach sagte, der Regisseur hatte die „Quellen sehr fair“ genutzt. Da wurde keine Polemik und keine Effekthascherei betrieben, es wurde nicht geurteilt und auch nicht verurteilt – und es ist wohl genau das, was diesen Film so wichtig macht. Er zeigt, dass man auch ein unrühmliches, dunkles Thema nicht reisserisch präsentieren und ausschlachten muss, um die Aufmerksamkeit der Leute zu gewinnen. Ich bin mir sehr sicher, dass Daniel Wyss‘ Film dabei hilft, die Schweizer zu ermutigen, sich mit genau solchen Themen zu beschäftigen.
Es war ein eindrücklicher Abend für den allen, die dazu in irgendeiner Form beigetragen haben ein ganz herzlicher Dank gebührt.